“Sole, Mare e Vento”
Auszug aus Welt II:
Der König setzte Puzzle für Puzzle und verzweifelte so langsam. Die von Sonne und Wind verformten Teile wollten nicht so recht zusammen passen. Er entschied sich, es dennoch zu versuchen. Seine innere Stimme sagte ihm, dass es nicht entscheidend sei, dass alle Puzzleteile nahtlos ineinander griffen, sondern dass alles mit allem ein harmonisches Gesamtbild ergebe. Mit all den Unzulänglichkeiten. Mit all den Abständen. Er begab sich auf den Kopf der Düne und schaute von oben herab. Das Gesamtbild war fast fertig.
Gemeinsam betraten wir das Land des Königs. M sagte: „Hallo Papa. Willkommen in meiner, in unserer Welt.“
Der Wind ließ nach und der König stand immer noch auf der Düne und schaute von oben auf das Gesamtbild. Zwischen das was man sehen will und das was man sieht ist nunmal ein Unterschied. Nicht unerheblich diese Erkenntnis, wenn man bedenkt, dass Wünsche größer erscheinen als die Realität.
Der König verließ die Düne und schritt das Puzzle ab. Er zählte 496 Schritte. Eine vollkommene Zahl. Zwar einer der Kleinsten der vollkommenen Zahlen, aber unter den drei Kleinsten die Größte. Der König beließ das Gesamtbild und war glücklich. Nur wohin war sein großes weites Land gekommen, wenn es in eine vollkommene Zahl passt. So vollendet es auch erschien, es war auf einmal so klein. Vollkommen war es schon damals. Klein nie. Drei Jahre vergingen bis er die Botschaft begriff. Das vollkommene Kleine ist bereit veredelt zu werden. Mit all dem was passiert ist. Mit all den Bildern im Kopf des Königs.
Das ist das Tolle sagte ich zu M, als wir gerade das Land des Königs betraten, wir, du und ich, sind in die Mitte der Geschichte zurückgefallen und haben die Chance Neues zu erleben, Neues zu formen, die Geschichte neu zu schreiben. „Stell dir mal vor, M, wenn man jedes und alles in die Mitte zurückwerfen könnte, welche Chancen sich daraus ergeben. Wundervolle Aussichten für eine wundervolle Geschichte. Wenn es aber so ist, dass immer dann, wenn man an das Ende der Geschichte kommt, die Wahl hat diese aus der Mitte heraus nochmals neu zu schreiben, wie würde man sich entscheiden?” Eine Frage, die M beschäftigte. Ihr Gesichtsausdruck war nachdenklich und zugleich edel und schön.
Mit M Hand in Hand im Land des Königs. Sie sagte: „Wir sind die Größten unter den drei Kleinsten.“ M und ich haben eine bewegende Geschichte. Sie im Blut. Schon lange bis es so weit war.
Die Größte unter den drei Kleinsten. Schon damals. Lange vor dem Land des Königs. Das Puzzle aus Sonne und Wind brachte sie erneut hervor. M und ich schritten sie nochmals ab. Tatsächlich 496. Ihre Summe ergab 19. M war gerade 19 geworden. Ihr nachdenklicher Blick erhellte sich und ihr gefiel der Gedanke mit der Mitte, obwohl ihr bewusst war, dass die Mitte vor ihrer Zeit lag.
Sie war sich sicher, dass die Mitte auch ein Teil vor ihrer eigenen Geschichte war. Sie konnte es sehen und auch spüren. M erzählte mir das was sie sah: Unsere Welt. Wir ließen uns ein auf das was da war.
Ich erzählte ihr von der Entstehung “Im Land des Königs” bis zum Tage der Geschichte „Du im Blut“.