“Sole, Mare e Vento”

Auszug aus Welt I:

Ich musste wohl lebhaft geträumt haben. Denn als ich aufwachte, lag ich auf dem Bauch und mein Gesicht war voller Sand. Neben mir ein Zettel mit einer Telefonnummer. Ich steckte den Zettel ein und ging in mein Stammrestaurant.

   Ich überlegte noch, ob ich vielleicht zuerst nach Hause gehen sollte, um zu duschen und um etwas Frisches anzuziehen. Aber ich entschied mich dagegen und ging so wie ich war. Naja, ich sah immer noch aus wie nach dem Aufwachen am Morgen, nur das ich jetzt auch noch Sand im Gesicht, am Hals, am zerknitterten Hemd, sowie an der Hose hatte.

   Im Restaurant angekommen - mein Tisch war frei - ging ich zunächst an den Zigarettenautomat. Ich kam mir hilflos vor, da ich normalerweise keine Zigaretten aus dem Automat zog. Verdammt, dachte ich, das ist ja gar nicht so einfach. Personalausweis bzw. EC- oder Kreditkarte hatte ich nicht einstecken. Kleingeld auch nicht. Eine Frauenstimme sagte: „Soll ich das für Sie übernehmen? Sie sehen überfordert aus.“ Ohne mich nach der Frauenstimme umzudrehen antwortete ich: „Ja, also zweimal Ja“ „Sie müssten schon zur Seite treten. Zu viel Nähe gleich am Anfang - das möchten Sie doch nicht.“ „Ah, entschuldigen Sie bitte. Natürlich, ich gehe am besten nach rechts.“ Also ging ich nach rechts und ließ sie vortreten, dabei drehte ich meinen Kopf nach links und sah ihre Silhouette. Der Kellner meines Vertrauens kam auf mich zu und fragte, ob ich an meinem Lieblingstisch Platz nehmen möchte und ob er für zwei Personen decken sollte. Ohne nachzudenken, sagte ich ja. Die Frau, die mir dankenswerter Weise mittlerweile die Zigarettenpackung gezogen hatte, sagte: „Bitteschön. Schade, dass Sie nicht alleine sind.“ Ich realisierte nicht ganz was sie gerade gesagt hatte und erwiderte ohne darüber nachzudenken: „Der Tisch ist für uns beide.” Nach kurzweiligen zweieinhalb Stunden, in denen wir köstlich gegessen und uns angeregt unterhalten hatten, kam ich wieder in meiner Wohnung an, schloss die Terrassentür und setzte mich vor meinen Rechner und schrieb das Erlebte samt meinen handschriftlichen Notizen in meinen neuen Roman. Die Stunden vergingen. 

   Morgens wachte ich auf und öffnete die Terrassentür. Ungewöhnlich früh. Kaum geschlafen. Meine Kaffeemaschine war immer noch wie vom Erdboden verschluckt. Das Kaffeehaus hatte noch geschlossen. Trübe Aussichten für solch einen Start in den Tag  - bei diesem unbeschreibbaren klaren, blauen Himmel. Dabei war ich doch ein positiver Mensch. Wenn mich nicht alles täuschte, müsste irgendwo noch eine Flasche Prosecco deponiert sein. Nur wo? Im Kühlschrank herrschte schon lange gähnende Leere. Das Eisfach hatte auch nur Eiswürfel zu bieten. Ich suchte. Und da fiel mir ein, dass ich eine Flasche für den Fall der Fälle in meinem Koffer „versteckt“ hatte. Ich setzte mich auf die Terrasse, zog die Flasche auf und war so glücklich, dass ich Eiswürfel hatte. Der Tag konnte beginnen. In meiner Hosentasche fand ich den Zettel mit der Telefonnummer. Und nun? Ich legte mir zurecht warum ich nicht anrufen sollte.

   Ich schreibe vorab eine Nachricht. Eventuell kommt ja nie eine Antwort. Das ist die Lösung. Ich schrieb: „Schönen guten Morgen. Sie sind die oder der Unbekannte mit dem Zettel am Strand „neben mir“, ich heiße Peter.“

   Ich zog meine in die Jahre gekommenen Joggingschuhe an und ging laufen. Immer wenn ich laufe, merke ich sehr schnell, ob ich lang oder kurz laufe. An diesem Morgen wurde es ein langer Lauf. So vergaß ich die Welt um mich herum. Vergaß all die Bilder im Kopf - bis auf eins: Die zwei kleinen Mädchen. Ich wäre fast zu Hause gewesen, da klingelte das Telefon. Das Display zeigte: „Strandzettel“. Ich nahm ab. Eine Frauenstimme. Die Frauenstimme war weich. Das Alter schwer einzuschätzen. Fast zu jung. Und bitte bitte lass sie kein Single sein. „Hallo Peter. Hier ist T“. Ich blieb stehen. „Hallo T: Ich bin außer Atem“. „Ich weiß“. Ich erstarrte. Sie beobachtete mich? Sie sah mich? Sie stellte mir nach? Woher wusste sie das alles? Und vor allem, wo war sie?

Ich drehte mich um.

Sie stand genau vor mir.

Auszug aus Welt II

Auszug aus Welt III